Herausforderungen internationaler Rollouts
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Herausforderungen internationaler Rollouts

Autor:in Oliver Hoeck

Im E-Commerce-Markt beobachten wir derzeit zwei große Gruppen von Unternehmen, die ihre Aktivitäten internationalisieren - Markenhersteller und Retailer. Vor allem diejenigen Unternehmen, die in neue Märkte expandieren und ihren Online-Shop erstmals international ausrollen, stehen neben den “normalen” technischen und prozessualen Fragen vor drei großen Herausforderungen, die den ROI eines solchen Vorhabens fundamental beeinflussen. Diese Fragen werden in ihrer Relevanz oftmals unterschätzt. In diesem Blogeintrag betrachten wir die drei Herausforderungen und stellen Lösungsansätze vor.

Veränderungsmanagement - Organisationsdesign

Im Zusammenhang mit einem internationalen Rollout ergibt sich immer die Notwendigkeit, die Organisation anzupassen und zu verändern. Jedes Land bringt spezifische Eigenarten und Anforderungen für den Online-Handel mit sich, die eine Organisation meistern muss, um erfolgreich zu sein. Im einfachsten (und seltenen) Fall gelingt dies durch die Schulung des existierenden Teams. In den meisten Fällen besteht aber die Notwendigkeit, die Organisation zu erweitern und zu verändern. Dabei stellen sich die folgenden Fragen, deren Beantwortung ein wesentlicher Bestandteil eines späteren Erfolges sind:

  • Welche zusätzlichen Rollen und Expertisen werden benötigt?
  • Welche Themen werden zentral, welche dezentral im jeweiligen Land verantwortet?
  • Wer ist für Umsatz und die P/L verantwortlich?
  • Hat der/die Umsatzverantwortliche Entscheidungsbefugnisse über das Sortiment, die Preisgestaltung und das Merchandising?
  • Wie werden Anforderungen aus einem Land / einer Region im Gesamtkontext priorisiert und umgesetzt?

 

Zur optimalen Lösung dieser Fragen sollten Unternehmen zwei Dinge tun:

  • Alle organisationsrelevanten Themen sollten möglichst früh im Rollout-Prozess identifiziert und beantwortet werden. Hierbei bietet sich z.B. die Methode des systemischen Organisationsdesigns an.
  • Der sich anschließende Veränderungsprozess sollte gut geplant, kommunikativ und durch Schulungsmaßnahmen begleitet werden, um die Ängste und Resistenzen der bereits existierenden Organisation in einen positive Bewegung in Richtung Zukunft zu transformieren.
  • Hierbei ist die aktive Beteiligung der Führungskräfte und häufig die Einbindung externer Experten im Organisationsdesign und Change Schlüssel zum Erfolg.

Interkulturelle Unterschiede

Im internationalen Kontext bedienen wir uns einer gemeinsame Sprache - in den meisten Fällen dem Englischen. Durch diese Gemeinsamkeit wird suggeriert, daß nach einer Diskussion ein gemeinsames Verständnis einer Themas oder einer Fragestellung existiert. Dies ist sehr oft aber nicht der Fall. Oft werden sogar die ursprünglichen Fragen unterschiedlich interpretiert.
Deutsche, Spanier, Polen, Amerikaner, Brasilianer oder Japaner haben unterschiedliche kulturelle Verständnisse von Begriffen wie “Ja, das machen wir so”, “Zeit” oder “Dringlichkeit”.

Hinzu kommt eine unterschiedliche Sicht bzw. ein unterschiedliches Verständnis von Führung und Hierarchie. Auch die Sicht auf das Verhältnis Auftraggeber und Dienstleister, sowie die diesbezügliche Kommunikation kann stark variieren.Hierbei gibt es kein Richtig und Falsch, es sind Unterschiede basierend auf sozialisierten Vorurteilen bzw. Stereotypen.

Je enger ein Zeitplan oder Budget ist und je mehr Druck auf einem Projekt und den Beteiligten lastet, desto mehr Konflikte entstehen durch solche unterschiedlichen Einstellungen, Wahrnehmungen und Bewertungen. Diese Konflikte können ganze Projekte zum Misserfolg bringen, wenn die Projektmitglieder sich nicht “verstehen” und dann z.B. aktiv in den Widerstand gehen.

Zur optimalen Lösung dieser Fragen sollten Unternehmen zwei Dinge tun:

  • Enablement: Frühzeitige Befähigung des Projekt-Teams und der jeweiligen betroffenen Teams durch Schulungen und ein begleitendes Angebot von Coaching/Sparring mit Schwerpunkt auf interkulturelle Zusammenarbeit. Hinzu kommen Trainings zum Konflikt Management und das Führen von internationalen Projekten.
  • Analyse: Bereits im Projekt Set Up können, basierend auf Erfahrungen, neuralgische Punkte, an denen es zu interkulturellen Konflikten kommen kann identifiziert und entsprechende Maßnahmen geplant werden.

Spannungsverhältnis - wichtige lokale Unterschiede und Beharrungstendenzen

Mit einem internationalen Rollout gehen immer Aspekte der Zentralisierung einher, und damit auch der Vereinheitlichung. Im Rahmen des Projektes stellen sich nun zwei Fragen in Bezug auf die Einheitlichkeit von Prozessen oder Systemen.:

  • Welche lokalen Besonderheiten sollten Beachtung bei der Umsetzung finden
  • Wo macht es Sinn, lokale “Sonderlocken” aufzulösen

Ein existierendes lokales Team wird immer auf lokale Besonderheiten hinweisen und argumentieren “Bei uns ist das wie folgt …” oder “Wir machen das aber so: …”.
Die Problematik ist nun, herauszufinden, welche lokalen Besonderheiten relevant für die Erreichung der Projektziele sind. Hier lauert ein weiteres Potenzial für Konflikte (s.o.), wenn sich ein lokales Team in seinen Anforderungen nicht wahrgenommen fühlt und dann in Beharrungstendenzen, oder gar Widerstand verfällt.

  • Um die richtigen Entscheidungen zu treffen und ein einheitliches Verständnis in den ggfs. existierenden unterschiedlichen Organisationen herbeizuführen, sollten Unternehmen das folgende tun:
  • Nutzung von systemischen Methoden und Workshops - eigentlich weiss die Organisation alles, man muss es nur gemeinsam “herausarbeiten”.
  • Erstellung einer strukturierten Liste von Deltas - was ist heute auf lokaler Ebene anders als in der zentralen Plattform bzw. wird als nötiger Unterschied definiert. Gemeinsame Erarbeitung von Entscheidungen in Workshopformaten - ggfs. neutral moderiert

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