Wie ein internationaler Rollout typischerweise abläuft
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Wie ein internationaler Rollout typischerweise abläuft

Autor:in Mark Notkin

Mark ist unser Experte in Sachen Rollout-Projekte und hat von Kunden schon oft den Satz gehört: “Wir müssen expandieren.” Hier schildert er, was es dafür braucht und wie wir als digital dna solche Projekte unterstützen.

Die Ernüchterung gleich zu Beginn: Die perfekte Anleitung für das typische Rollout-Projekt gibt es nicht. Aber: Die Fragestellungen, die die Unternehmen umtreiben, und das damit verbundene Vorgehen sind oft sehr ähnlich.

Der Start: Wohin soll es gehen und warum?

"Man mag es kaum glauben, aber viele Marken und Retailer starten E-Commerce-Expansionsprojekte sehr kurzfristig und ohne wirkliche Strategie. Umsätze müssen weiter steigen, oder der Kernmarkt stagniert - und zack ist das Senior Management überzeugt: „Wir brauchen einen Online-Shop im neuen Markt! Und das am besten gestern.“.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass den erfolgreichsten Expansionen eine intensive Strategie- und Analysephase vorangegangen ist. In dieser Phase sollten gemeinsam mit (lokalen) Experten essentielle Fragestellungen geklärt werden, wie etwa: Welches Umsatzpotenzial sehe ich in dem jeweiligen Land ggü. anderen? Wie ist meine Marke in dem Land positioniert und wie möchte ich mich darstellen? Wie wird das neue Team in die bestehende Organisation eingegliedert?

 Erst wenn die strategischen Rahmenbedingungen klar sind, empfehlen wir, in die eigentliche Projektplanung und Umsetzung einzusteigen."

Anforderungen im neuen Markt

"Einer der größten Fehler in Rollout-Projekten ist es, die marktspezifischen Anforderungen zu unterschätzen – auch wenn E-Commerce mittlerweile grundsätzlich weltweit verbreitet ist, haben Endkonsumenten teils sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Im Projekt eins zu eins Erwartungen aus bestehenden Ländern zu übertragen, verringert zwar die Projektdauer, führt jedoch schnell zu Unzufriedenheit der Kunden und kann die eigene Marke im neuen Markt erheblich schädigen.

So wird beispielsweise in China ganz anders online eingekauft als bei uns: Marktplätze wie Tmall sind der zentrale Shopping-Channel und der eigene Online-Shop spielt eher eine sekundäre Rolle. In Japan zahlen Kunden gerne in einem Convenience-Store wie 7Eleven oder erst bei Erhalt der Ware – Cash on Delivery / Nachnahme. Ähnlich auch in Kroatien, wo zusätzlich Rechnungen fiskalisiert werden müssen. In den USA unterscheiden sich Steuersätze innerhalb weniger Straßenblocks, wobei auch die Produktkategorie eine Rolle spielt.

 Bei fehlender Erfahrung (durch z.B. Wholesale Business oder einen schon bestehenden Distributor / Partner), empfehlen wir, ausreichend Zeit für diese Analyse-Phase einzuplanen und bei Bedarf mit lokalen Agenturen und Experten zusammenzuarbeiten."

Projektplan und die Umsetzung

Beispielhafter high-level Projektplan für einen E-Commerce Rollout:

"Ab dem eigentlichen Projektstart folgen viele Rollouts grundsätzlich diesem Muster. Jetzt mögen einige anmerken: Wasserfall, wirklich? Auch wenn wir in den meisten unserer Projekte einem eher agilen Ansatz folgen, eignet sich für die übergeordnete Planung eines Rollouts der „klassische Ansatz“ in der Tat oftmals besser. Wieso? Nicht selten wird vom Management der Go-Live-Termin aus strategischen Gründen festgelegt. Es müssen am Ende alle „Puzzleteile“ des Projekts ineinandergreifen und so lassen sich wichtige Meilensteine, wie etwa der Testing-Start, rückwärts berechnen und leicht zu einem zusammenhängenden Projektplan aufstellen.

 Die genauen Details jeder Phase unterscheiden sich stark für jedes Unternehmen und auch pro Land, in das der Online-Shop ausgerollt wird. Besonders wichtig ist es aber, dass das Projektteam die nötige Zeit und Expertise mitbringt, dass ein zentrales Programm-/Projektmanagement alle Projektstränge zusammenhält und dass frühzeitig an den Aufbau der zukünftigen Organisation gedacht wird."

Testing und Go-live

"Vollständiges und organisiertes Testing ist essentiell für einen erfolgreichen Rollout. Oft wurde der komplette Rollout in den Markt aus dem Headquarter remote orchestriert und es geht jetzt darum zu verstehen, ob alle Systeme zusammenspielen und die operativen Prozesse wie geplant durchgeführt werden können. Kommt die Bestellung über den neuen japanischen Shop auch im Warenwirtschaftssystem der Logistik an? Wie sieht es mit Fällen aus, wenn etwa eine Bestellung zum Teil durch den Customer Service storniert werden muss? Wird der Trackinglink vom neuen Carrier richtig übergeben und ist dann sichtbar im Account Bereich der Kund:in?

Für mich ist dies die spannendste Phase des gesamten Projekts. Es wird deutlich, wie monatelange Arbeit ineinander greift, wobei gleichzeitig der Überblick behalten werden muss, um den eigentlichen Rollout-Tag zu planen.

Wir empfehlen, dass in dieser Phase das Projektteam möglichst oft physisch zusammenkommt. Aus unserer Erfahrung entstehen schnell Missverständnisse und Konflikte durch Zeitverschiebungen, interkulturelle Unterschiede und auch Zeitdruck für den Go-live. Gerade jetzt ist es wichtig, diese schnell zu lösen, was in einem persönlichen Gespräch effizienter ist.

Wir sehen oft, dass deutlich zu wenig Zeit für diese Phase des Projekts eingeplant wird – was wiederum schnell zur Verschiebung des Go-Lives oder einer erheblich längeren Hypercare Phase führt.

"Kurz vor dem Go-Live-Tag trifft sich das Team zu einem Go-/No-Go-Meeting, wo in letzter Instanz darüber entschieden wird, ob am nächsten Tag gelauncht werden soll. Jedes Projektmitglied muss sein Feedback geben, bevor der Shop den Endkonsument:innen zugänglich gemacht wird."

Hypercare und Handover

"Nach dem Go-Live geht es darum, alle Prozesse eng zu monitoren und Bugs schnell zu fixen. Eine detaillierte Dokumentation und Training stellen sicher, dass das (neue) operative Team an der Weiterentwicklung arbeiten kann und erste echte Erfahrungen aus dem Markt sammelt. Im neuen Markt angekommen, ist dies erst der eigentliche Start. Für uns, die solche Rollout-Projekte oft ganzheitlich, von der Analyse bis zur Hypercare-Phase begleiten, ist das Projekt dann abgeschlossen, wenn nach einigen Wochen post Go-Live alle Bugs aus der Hypercare geschlossen sind und wir dem operativen Team unser Projekt Know-how vollständig übergeben haben."

 

Zum Weiterlesen: 

Herausforderungen internationaler Rollouts

 

 

Autoreninfo: 

Mark ist Partner bei der digital dna, leitet unsere Delivery und ist Experte, wenn es um internationale Expansionen geht. Er hat selbst diverse E-Commerce-Rollout-Projekte als Projektleiter bei unseren Kunden nach u.a. Korea, Kroatien und die USA begleitet. Durch seine Arbeit als Expansion Manager bei Birkenstock hat Mark jeweils einige Monate in den USA und Japan verbracht, um die Rollouts bestmöglich vor Ort zu betreuen.

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